Coronakrise im Westlichen Balkan: Eine erste Bestandsaufnahme und Analyse der demokratiepolitischen Implikationen
Coronakrise im Westlichen Balkan: Eine erste Bestandsaufnahme und Analyse der demokratiepolitischen Implikationen
Southeast Europe in Focus 4 / 2020
Artikel von Vedran Dzhihic
Im März 2020 brach die Corona-Krise wie ein Tsunami über Europa ein. Es dauerte nicht lange, bis die Welle auch Südosteuropa erreichte. Noch am 27. Februar, bevor die ersten Covid-19-Infektionen in der Region verzeichnet wurden, fand die mittlerweile berühmtberüchtigte Pressekonferenz der serbischen Regierung und des serbischen Präsidenten zusammen mit medizinischen Experten statt. Die Öffentlichkeit in Serbien wurde Zeuge, wie Dr. Nestorovic, einer der medizinischen Berater der Regierung zu diesem Zeitpunkt, das Corona-Virus zum "lustigsten Virus der Geschichte" krönte. In seiner scherzhaft angelegten Rede erteilte dann Nestorović im Hinblick auf Italien, wo sich zu diesem Zeitpunkt die Virusverbreitung rasant beschleunigte, serbischen Frauen den Rat, nach Italien einkaufen zu gehen, da dort derzeit die größten Rabatte zu finden wären und Frauen ohnehin durch das hohe Östrogenlevel vor dem Virus geschützt seien. Im Hintergrund lachte Präsident Aleksandar Vučić herzhaft mit. Der Gesundheitsminister Zlatibor Loncar erklärte danach, dass "das Coronavirus viel schwächer ist als die normale Grippe". Keine zwei Wochen später hat man bereits auf Panik und Angst umgeschaltet. Mit ernster Miene verkündete fortan Vučić strenge Maßnahmen, die zuletzt (am 8. April) auf eine Polizeisperrstunde in der Dauer von 60 Stunden ausgedehnt wurde, also vom Freitag, 10.04. ,um 17.00 Uhr bis zu den Morgenstunden des Montags, 13.04., um 5.00 Uhr. Dieser schnell vollzogene Wechsel von Belustigung und machistischen Pointen am Beginn der Krise zu den europaweit schärfsten Maßnahmen im Kampf gegen das Corona-Virus stehen sinnbildlich für den Umgang nicht nur Serbiens sondern auch des Rests der Region des Westbalkans mit der Corona-Krise.
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