Hart an der EU-Grenze

Hart an der EU-Grenze

Saskia Stachowitsch
Affiliated Researcher

Ö1 Punkt eins
11. März 2021

Die Politik der EU an den Außengrenzen: Frontex, Abschottung und Externalisierung.
Gast: Univ.-Prof.in Dr.in Saskia Stachowitsch, wissenschaftliche Leiterin des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (oiip), Professorin für Internationale Politik und Senior Research Fellow am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.
Moderation: Natasa Konopitzky.

Seit Monaten steht die EU-Grenzschutzagentur Frontex unter Verdacht, in Grund- und Menschenrechtsverletzungen verwickelt zu sein. Der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache wird unter anderem vorgeworfen, an der EU-Außengrenze an illegalen Zurückweisungen von Migranten indirekt beteiligt gewesen zu sein, in dem die Beamten so genannte Push-Backs nicht verhindert haben, bei denen Menschen in Booten aus den griechischen Gewässern in türkische zurückgedrängt worden seinen. Frontex weist diese Vorwürfe zurück, ist aber nicht in der Lage, sie zweifelsfrei auszuräumen. Das EU-Parlament hat nun eine Untersuchungskommission eingesetzt, um diese Anschuldigungen betreffend Grundrechtsverletzungen, aber auch bezüglich Korruption und mangelnder Transparenz zu klären.

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache wurde 2004 gegründet und ist zuständig für die Kontrolle der Außengrenzen der Europäischen Union. „Anfangs handelte es sich um eine technische und organisatorische Koordinierungsplattform“, erklärt Saskia Stachowitsch, Politikwissenschaftlerin und Leiterin des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (oiip). Mit der Zeit aber hätte eine immer stärkere Politisierung stattgefunden und sich Frontex zu einer eigenständigen Macht entwickelt, die den Diskurs über Migration mitbestimmt. „Damit tritt Grenzmanagement an die Stelle von politischen Entscheidungen. Das ist hochproblematisch“, sagt Saskia Stachowitsch.

Die EU-Mitgliedsstaaten scheitern seit Jahren an einer fairen Verteilung von flüchtenden Menschen in der Union. Worauf man sich einigen konnte, ist die Aufstockung der Grenzschutzagentur. Frontex soll bis 2027 auf 10.000 Beamte wachsen, die dann auch hoheitliche Aufgaben wie Grenzkontrollen und Abschiebungen durchführen sollen. Auch so genannte Externalisierungspraktiken sind ein Minimalkonsens innerhalb der EU. Der Grenzschutz wird an Drittstaaten ausgelagert, wie zum Beispiel im Rahmen des EU-Türkei-Deals oder in Migrationspartnerschaften mit nordafrikanischen Ländern wie Libyen. Die EU schützt ihre Grenzen mit Hilfe von autoritären Staaten, die Menschenrechte nicht respektieren.

Natasa Konopitzky spricht mit der Politikwissenschaftlerin Saskia Stachowitsch über Externalisierung, Technologisierung und Privatisierung an den EU-Außengrenzen.